Samstag, 24. Januar 2009
 
Wieder einmal brodelt der Sumpf PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Michael Genner   
Montag, 14. Januar 2008

Michael Genner, Asyl in Not, brandmarkt die neuesten Tiefpunkte heimischer Asylpolitik.

Wahlen stehen vor der Tür, der Sumpf breitet sich aus, quer durch die Parteien. Ein sattsam bekannter Landesführer schiebt tschetschenische Familien, nach dem Zufallsprinzip, ohne irgendein rechtsstaatliches Verfahren, aus seinem Reichsgau ab. Unter ihnen schwer Traumatisierte, unter ihnen einen Jugendlichen, der vor kurzem erst von einem Nazi-Klachl mit Messerstichen schwer verletzt worden ist.

 
Der Kanzler von schwarzen Gnaden zeigt öffentlich seine Unwissenheit und Arroganz: Asylverfahren müssten dort geführt werden, wo der erste Antrag gestellt wurde. Dass es eine Selbsteintrittspflicht Österreichs gibt, wenn Dublin, strikt angewandt, zu einer Grundrechts- verletzung führt, ist ihm offenbar völlig unbekannt.

 
Wie wir aus Traiskirchen hören, hat der jetzige Minister für Deportation den Ukas erlassen, Familien auseinander zu reißen. Jeder Familienvater kommt in Schubhaft, wenn er aus einem anderen (nicht sicheren) „Dublin“-Staat weitergeflüchtet ist.

 
„In Traiskirchen spielen sich unvorstellbare Szenen ab“, lesen wir in einem
Augenzeugenbericht. „Frauen brechen zusammen, legen sich auf den Boden, klammern
ihre Babys an sich. Ein Beamter meinte dazu: ‚Wos wü’ de Funzn?’


„Ein Familienvater (ein Baby, ein Kleinkind) kam in Schubhaft; seine schwerst kriegstraumatisierte Frau musste daraufhin stationär in die Psychiatrie. Da sonst die zwei Kinder unversorgt gewesen wären, kam der Mann aus der Haft. Das Baby musste aber gestillt werden und die Frau hielt es ohne das Baby nicht aus. Also wurde sie aus dem Spital entlassen. Sofort wurde über den Mann wieder die Schubhaft verhängt.

 
„Die Frau erlitt einen Zusammenbruch, sie lag mit den Kindern am Boden bei der Polizeistation.“

 
Wie wir hören, wird es auch manchen Fremdenpolizisten zu viel. Sie wollen nicht mehr für das Asylamt und das Ministerium die „Drecksarbeit“ machen. Sie haben keine Freunde; sie ertragen sich selbst nicht mehr. Warum meutern sie nicht? Warum treten sie nicht offen für die Abschaffung des unsinnigen, menschenunwürdigen „Dublin“-Systems ein?

 
An diesem System ist nichts mehr gesund. Es zerstört auch die, die ihm dienen. So beginnt ein Wahljahr, das wieder einmal den Sumpf zum Brodeln bringen soll. Wieder einmal schweigt dazu der Großteil der ach so demokratischen Öffentlichkeit.

 
Asyl in Not schließt mit all dem keinen Frieden. Wir schweigen nicht. Das neue Jahr wird hart.

 

Michael Genner
Asyl in Not

Währingerstraße 59
1090 Wien

Tel. 408 42 10-15, 0676 – 63 64 371

www.asyl-in-not.org

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